Das Berliner Testament – viele Wegen führen zum Ziel | 27.07.2023

Das Berliner Testament in „Reinform“

Wenn Eheleute gemeinsam ihre Erbangelegenheiten regeln, greifen sie häufig auf das sogenannte Berliner Testament zurück. Dabei setzen sie sich gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmen sogenannte Schlusserben, in der Regel die gemeinsamen Kinder, die nach dem Tod des Längerlebenden den verbleibenden Nachlass erhalten. Stirbt ein Ehepartner, erbt der überlebende Ehepartner also zunächst alles, nach dessen Tod erben dann die Kinder.  „Für viele Familien ist dies eine wirtschaftlich sinnvolle und auch zwischen den Generationen weithin akzeptierte Gestaltung“, berichtet Stephanie Reber, Notarassessorin an der Landesnotarkammer Bayern. „Der längerlebende Ehepartner soll wirtschaftlich abgesichert werden und die Kinder erhalten zum Schluss das verbleibende Vermögen der Eltern.“

Steuerliche Nachteile durch das Berliner Testament?

Den größten Vermögensposten von Eheleuten bilden oft Immobilien. In Zeiten steigender Immobilienpreise wird vom Berliner Testament immer häufiger mit der Begründung abgeraten, dass dieses erbschaftsteuerlich nachteilig sei. Da die Kinder beim Tod des ersten Ehegatten nichts erben, würden insoweit deren steuerliche Freibeträge in Höhe von zur Zeit EUR 400.000,00 je Kind nicht ausgeschöpft und damit quasi „verschenkt“. „Dies ist zwar im Ansatz richtig, da die Kinder ausschließlich Erben des längerlebenden Elternteils werden“, führt Reber weiter aus. „Man sollte aber genau die vorhandenen Vermögenswerte und mögliche steuerliche Privilegierungen z. B. bei selbstgenutztem Wohneigentum prüfen, bevor ein steuerlicher Änderungsbedarf angenommen wird.“

Steueroptimierte Gestaltung ist möglich

Zudem gibt es selbst bei einem größeren Vermögen Wege, das Berliner Testament steuerlich sinnvoll zu gestalten und gleichzeitig dem überlebenden Ehepartner weitgehende Entscheidungsfreiheit einzuräumen. So kann beispielsweise geregelt werden, dass die Kinder und/oder Enkelkinder beim Tod des ersten Elternteils bereits Vermögenswerte im Wege eines sogenannten Vermächtnisses aus der Erbschaft erhalten, was dazu führt, dass steuerliche Freibeträge genutzt werden. Ferner kann die lebzeitige Schenkung von Vermögenswerten ein effektives Mittel zur Senkung der Erbschaftsteuerlast sein.

Rechtliche Beratung ist sinnvoll

Bei Fragen zur Testamentsgestaltung stehen Notarinnen und Notare zur individuellen Beratung zur Verfügung. Wollen nicht miteinander verheiratete Paare gemeinsam ihren letzten Willen regeln, führt ohnehin kein Weg an der Notarin oder dem Notar vorbei: Ein Erbvertrag, der in seinen Wirkungen einem gemeinschaftlichen Testament gleichkommt, muss nämlich zwingend notariell beurkundet werden.

Eine rechtliche Beratung ist auch deshalb sinnvoll, weil ein Ehegattentestament weitere Fragen aufwirft. Das Berliner Testament in seiner herkömmlichen Form führt beispielsweise dazu, dass die Kinder beim ersten Todesfall enterbt werden und einen Pflichtteilsanspruch geltend machen könnten. Dieses Risiko kann allerdings durch geschickte Gestaltung des Berliner Testaments erheblich gemindert werden.

 

Außerdem erzeugt das Berliner Testament oftmals eine Bindungswirkung für den überlebenden Ehegatten. Sind z. B. die gemeinsamen Kinder als Schlusserben eingesetzt, kann ein Ehegatte das Testament nach dem Tod des anderen in der Regel nur ändern, wenn sich die Eheleute diese Änderungsmöglichkeit im Testament ausdrücklich vorbehalten haben. Selbst bei geänderten Lebensumständen wie der Wiederverheiratung oder gar der Geburt weiterer Kinder können die testamentarischen Regelungen nicht mehr angepasst werden. „Gerade bei jungen Eheleuten besteht die Gefahr, dass eine vor mehreren Jahrzehnten sinnvolle Regelung nicht mehr zu den aktuellen Verhältnissen passt“, berichtet Reber. „Auch hierfür kann jedoch durch entsprechende Regelungen im Testament vorgesorgt werden. Eine juristische Begleitung durch eine Notarin oder einen Notar kann somit helfen, den Familienfrieden für kommende Generationen zu bewahren.“

 

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